Wenn ich mich mit Menschen unterhalte und irgendwann erwähne, dass ich Pastor bin, höre ich oft: „Ich bin kein Christ, aber ich lebe die christlichen Werte.“ Dann denke ich: Tust du das wirklich? Denn selbst mir fällt das oft schwer – besonders, wenn es um das geht, was viele an christlichen Werten am meisten schätzen: Nächstenliebe.
Aber die Bibel geht noch weiter. Jesus sagt:
„Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen; segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch Böses tun.“ (Lukas 6,27-28 NGÜ)
Rums. Das sitzt.
Achte auf die drei Verben: Gutes tun, segnen, beten.
Vergebung heißt nicht: „Schwamm drüber.“ Es heißt: Ich entscheide mich, nicht mit gleicher Münze heimzuzahlen. Ich entscheide mich, frei zu werden.
Wenn du vergibst, wird dein Herz leichter. Aber es wird auch wieder berührbar. Denn plötzlich siehst du dein Gegenüber nicht mehr nur als Täter, sondern mit den Augen Gottes:
Ein Mensch, der selbst verletzt ist. Einer, der seinen Schmerz an anderen auslässt. Und genau dieser Mensch braucht Gott ganz besonders.
Vergebung bedeutet: Ich sehe nicht nur meinen Schmerz – ich sehe auch den Schmerz des anderen. Deshalb fordert Jesus uns auf, zu segnen und für sie zu beten.
Segen heißt: „Gott, berühre dieses Herz mit deiner Liebe.“
Und das Gebet ist dringend nötig – denn wer dir als Kind Gottes Unrecht tut, wird sich dafür verantworten müssen. Gott sieht das. Gott lässt das nicht einfach stehen.
Vielleicht denkst du jetzt: „Du weißt gar nicht, was mir angetan wurde.“
Stimmt. Ich weiß es nicht. Und es tut mir leid, dass du verletzt wurdest.
Aber weißt du was? Es schadet vor allem dir, wenn du weiter festhältst. Du wirst den Schmerz nur los, wenn du lernst, loszulassen.
Vergebung heißt nicht vergessen. Sie heißt: Ich verzichte auf Rache. Ich vertraue Gott das Urteil an. Aber wie geht das – wenn der Schmerz tief sitzt?
Die Wahrheit ist: Du schaffst das nicht allein.
Du brauchst die Liebe Gottes. Nur seine Liebe macht dein Herz weich genug, um zu vergeben.
Ich habe das selbst erlebt.
Mir wurde von meinem damaligen – christlichen – Arbeitgeber schweres Unrecht angetan. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Lange konnte ich nicht vergeben. Doch irgendwann habe ich gebetet: „Gott, erfülle mich mit deiner Liebe.“
Und etwas hat sich verändert. Es wurde innerlich warm in mir.
Ich konnte zum ersten Mal Vergebung aussprechen. Es war nicht das letzte Mal – denn der Schmerz kam immer wieder. Aber heute habe ich keinen Groll mehr.
Heute bete ich sogar für diesen Geschäftsführer. Ich bete, dass Gott auch sein Herz freimacht, denn wer so ungerecht handelt, muss selbst tief verletzt sein.
Und ich bete für ihn – weil er sich für sein Verhalten verantworten muss.
Nicht vor mir, sondern vor Gott.
Wenn du Unrecht im Herzen speicherst wie ein Protokoll, machst du dich selbst lieblos und bitter.
Aber wenn du loslässt und beginnst, für den anderen zu beten, dann wirkt Gottes Liebe durch dich.
Vielleicht sagst du: „Das kann ich nicht.“
Dann sage ich dir: Du hast recht.
Deshalb brauchst du Jesus. Nur durch ihn wird Vergebung möglich.
Sei gesegnet!
„Vergebung ist der Schlüssel, der die Fesseln des Hasses löst.“ (Maya Angelou)